Mein Kind schielt –
was tun?

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Wann spricht man vom Schielen?

Betrachten wir einen Gegenstand, so nehmen das rechte und linke Auge jeweils ein Bild wahr. Wenn die Augen parallel stehen, so werden diese Bilder im Gehirn zu einem verarbeitet. Weicht nun ein Auge von der Blickrichtung ab, so spricht man von einem Schielen. In der Fachsprache wird dies Strabismus genannt. Beim Schielen besteht neben der Beeinträchtigung der Sehfähigkeit, besonders dem dreidimensionalen Sehen, bei Kindern vor allem die Gefahr, eine therapiebedürftige Sehschwäche zu entwickeln. Deshalb ist es von grosser Bedeutung, eine orthoptische und augenärztliche Abklärung durchführen zu lassen, sobald der Verdacht auf ein Schielen besteht.

Fehlstellung der Augen

Ein Schielen kann angeboren sein, es kann jedoch auch in jedem Lebensalter plötzlich auftreten. Die Ursachen sind sehr vielseitig. Bei Kindern tritt ein Schielen häufig aufgrund einer Fehlsichtigkeit der Augen oder eines organischen Defekts auf. Bei Erwachsenen kommt es häufig aufgrund eines Ungleichgewichts der Augenmuskeln zu einem Schielen. Jedoch können auch Durchblutungsstörungen, Entzündung, Verletzung oder Kopression im Gehirn zu einer Beeinträchtigung der Augenbeweglichkeit führen, was wiederum ein Schielen verursacht. Es lässt sich beobachten, dass Schielerkrankungen familiär gehäuft sind. Aus diesem Grund sollten Eltern, bei welchen ein Schielen bekannt ist, ihre Babys frühzeitig untersuchen lassen. Auch wenn keine offensichtliche Problematik vorliegt, ist eine orthoptische Untersuchung empfehlenswert und bereits in den ersten Lebensmonaten zu veranlassen.

Die verschiedenen Formen des Schielens

Da einem Schielen auch eine ernsthafte Erkrankung zu Grunde liegen kann, ist eine vollumfängliche und frühzeitige Diagnostik sehr wichtig. Die Schielerkrankung werden in verschiedene Gruppen unterteilt, wovon wir im Folgenden die wichtigsten aufzeigen. Bei jedem dieser Schielformen kann ein Auge nach aussen, nach innen oder auch in der Höhe abweichen. Zudem kann ein horizontales Schielen auch in Kombination mit einem Höhenschielen auftreten.

  • Verstecktes Schielen

    Bei einem versteckten – in der Fachsprache latentem – Schielen liegt ein Ungleichgewicht der Augenmuskeln vor. Diese Ungleichgewicht kann das Gehirn in der Regel selber ausgleichen, so dass das Schielen nicht offensichtlich ist. Schätzungsweise liegt bei mehr als 80% der Bevölkerung ein solches verstecktes Schielen vor. Bei Müdigkeit, Stress oder langer visueller Anstrenung kann sich dies auch kurzzeitig manifestieren. Dieses versteckte Schielen kann folgende Beschwerden verursachen: frontale Kopfschmerzen, Verschwommensehen, Konzentrationsprobleme, Wahrnehmung von Doppelbildern, etc. Diese Symptome nehmen meistens im Tagesverlauf sowie nach längerer visueller Anstrengung zu. Versteckte Schielformen können unter bestimmten Umständen auch konstant manifest werden und somit in ein offensichtliches Schielen übergehen.

  • Offensichtliches Schielen

    Ein solches Schielen ist fast immer angeboren, manifestiert sich in den ersten Lebensjahren oder entwickelt sich in seltenen Fällen aus einem versteckten Schielen im Verlauf des Lebens. Zudem entwickelt sich bei den Kinderaugen in den ersten vier Lebensmonate die Fixation, weshalb ein Babyschielen bis dahin auch ab und zu auftreten kann. Bei vielen Babys liegt in den ersten Lebensmonaten ein sogenanntes Pseudoschielen vor, welches durch den breiten Nasenrücken (Epikanthus) vorgetäuscht wird. Eltern berichten, dass das Baby schielt, auf Fotos ein Innenschielen beobachtet wird oder dass beim Seitblick der Eindruck erweckt wird, dass beim Kleinkind ein Auge stehen bleiben würde. Es ist von grosser Bedeutung, ein solches Pseudo-Schielen von einem richtigen Schielen zu unterscheiden. Wenn Babys jedoch nach dem 4. Lebensmonat immer noch Schielen, dann ist eine orthoptische und augenärztliche Untersuchung unabdingbar. Das Mikroschielen ist eine Unterform des offensichtlichen Schielens. Bei dieser Schielform handelt es sich um einen sehr kleinen Schielwinkel, der in der Regel von blossem Auge nicht erkannt wird. Hier sind rund 15% aller schielenden Kinder betroffen. Dieses Mirkoschielen ist aufgrund des sehr kleinen Schielwinkels sehr heimtükisch und wird leider in den meisten Fällen erst sehr spät diagnostiziert. Dies wiederum führt dazu, dass eine ausgeprägte Sehschwäche des abweichenden Auges vorliegt.

  • Lähmungsschielen

    Grunderkrankungen, Kopfverletzungen oder Durchblutungsstörungen können die Augenmuskeln oder deren Nerven schädigen. Dies wiederum kann zu Einschränkungen der Augenbeweglichkeit führen, was wiederum zu Doppelbildern in eine bestimmte Blickrichtung oder bei einer gewissen Kopfhaltung führen kann. Typischerweise tritt diese Schielform plötzlich auf und muss zeitnahe abgeklärt werden. Ein Lähmungsschielen kann in seltenen Fällen auch angeboren sein. Bei Kindern kommen Augenmuskellähmungen eher selten vor, wenn dann meist im Zusammenhang mit einem Sturz oder einer Grunderkrankung. Typische Symptome sind neben den Doppelbildern Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Aufgrund des gestörten dreidimensionalen Sehen kommt es auch zu Orientierungsschwierigkeiten, Schwierigkeiten bei der Distanzeinschätzung und Schwindel. Ganz unbewusst wird häufig zur Eliminierung der Doppelbilder ein Auge zugekniffen oder der Kopf in eine Position gehalten, damit die Doppelbilder weniger wahrgenommen werden. Je nach Ursache dieser Schielform kann sich die Lähmung der Augenmuskeln wieder zurückbilden und die Symptome werden im Verlauf geringer. Hier ist meist jedoch viel Geduld gefragt – es kann bis zu zwölf Monaten in Anspruch nehmen, bis die Augenbeweglichkeit wieder normal ist. Zur Symptomlinderung können als Übergangslösung Prismen oder eine Augenklappe verwendet werden, damit das Doppelbild eliminiert wird.

Unbehandelt führt das Schielen häufig zu Schwachsichtigkeit

Beim Sehvorgang nehmen beide Augen jeweils eine Abbildung wahr, welche im Gehirn dann zu einem Bild verschmolzen wird. So entsteht durch diese unterschiedlichen Bilder eine dreidimensionalen Erscheinung. Bei einem Schielen ist die Abbildungen beider Augen so unterschiedlich, dass das Gehirn unfähig ist, diese miteinander zu verschmelzen; es entsteht ein Doppelbild. In der frühen Kindheit ist das Gehirn so flexibel, dass es durch die Unterdrückung des schielenden Auges, das Doppelbild nicht wahrnimmt. Leider ist jedoch die Folge, dass das weniger benutzte, schielende Auge nicht weiterentwickelt wird und es kommt zur Schwachsichtigkeit. Diese – in der Fachsprache genannte – Amblyopie muss so früh als möglich erkannt werden und therapiert werden. Hierzu muss in einem ersten Schritt überprüft werden, ob eine Sehhilfe (Brille) die Augenstellung und Situation verbessern kann. Da dies in der Regel alleine nicht ausreicht, wird eine Abdecktherapie eingeleitet. Hierbei wir das besser sehende Auge in der Regel täglich stundenweise abgedeckt, so dass das schwächere Auge das Sehen erlernt. Ein Schielen beeinflusst auch die Zusammenarbeit der Augen, einerseits kann diese dadurch nicht entwickelt werden oder wenn das Schielen im Verlauf der ersten Lebensjahren plötzlich oder schleichend auftritt, kann die erlernte Zusammenarbeit der Augen wieder verloren gehen. Auch aus diesem Grund sollte beim Vorliegen eines Schielens auf keinen Fall zugewartet werden, bevor eine orthoptische Abklärung in die Wege geleitet werden.

Behandlung eines Schielens

Wenn ein Schielen vorliegt – egal ob beim Baby, Kleinkind, Jugendlichen oder Erwachsenen – muss als erster Schritt (nebst der Grundursache des Schielens) abgeklärt werden, ob ein Brechfehler vorliegt. Prinzipiell sollte dies mittels Augentropfen erfolgen, denn dadurch kann eine optimale objektive Messung gemacht werden. Wenn sich eine Fehlsichtigkeit herausstellt, wird im ersten Schritt meist eine Brille verordnet. Bleiben trotz Sehhilfe die Beschwerden vorhanden, kann in gewissen Fällen eine Prismenbrille, zur Entlastung dieses Schielens, die Symptome lindern. Ein offensichtliches Schielen kann in der Regel nicht durch eine Prismenkorrektur therapiert werden. Hier muss primär abgeklärt werden, was die Ursache für das Schielen ist. Stellt sich eine neurologische Ursache oder eine Grunderkrankung heraus, muss diese als erstes behandelt werden. Ist dies nicht der Fall oder ändert sich das Schielen durch die Behandlung des Grundproblemes nicht, kommt ein operativer Eingriff in Frage. Auch wenn die Augenmuskeln nicht primär die Ursache für das Schielen sind, lässt sich mittels Augenmuskeloperation meist eine Verbesserung der Augenstellung erzielen. Auch bei versteckten oder offensichtlichen Schielen ist zeitweise eine Schiel-OP indiziert. Hier muss individuell bei jeder Patientin und jedem Patient abgeklärt werden, zu welchem Zeitpunkt eine Operation sinnvoll respektive notwendig ist. Bei den meisten Patientinnen und Patienten ist eine Augenmuskeloperation aus medizinischer Sicht notwendig. In gewissen Fällen ist der Eingriff jedoch auch aus sozialen oder funktionalen Gründen sinnvoll. Ein solcher Eingriff wird unabhängig vom Alter der Patientinnen und Patienten in Vollnarkose und ambulant durchgeführt. Diese Schieloperation ist ein Routineeingriff, in der Regel risikoarm und es bestehen gute Erfolgschancen. Je nach Schielform kann eine Korrektur der Augenstellung auch mittels Injektion von Botulinumtoxin erfolgen. Welche Augenmuskeln an welchem Auge operiert oder injiziert werden, wird vorab ganz genau von der Orthoptistin sowie dem Strabologen (medizinischer Fachexperte für Schielbehandlungen) untersucht und besprochen.

Zusammenarbeit zwischen Augenarzt und Orthoptistin ist das A und O

Das oberste Ziel bei der Diagnostik und Therapie des Schielens ist es, die Ursache zu finden und schwerwiegende Folgen zu verhindern. Wenn bei Ihrem Kind ein Schielen, eine Kopfschiefhaltung, Lichtempfindlichkeit, Augenkneifen, häufiges Blinzeln, Zwinkern oder Augenreiben auftreten sollte, dann empfehlen wir eine fundierte orthoptische sowie augenärztliche Untersuchung. Gewisse Schielformen, besonders ein Mikroschielen, kommt häufig ohne sichtbare Anzeichen vor. Aus diesem Grund empfehlen wir bei allen Kindern bis zum vollendeten dritten Lebensjahr eine Kontrolle bei der Orthoptistin / dem Orthoptisten sowie beim Augenarzt / bei der Augenärztin.

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