Verätzungen der Augen

02.09.2022
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Was ist eine Verätzung?

Eine Verätzung ist eine Schädigung des Gewebes durch starke Säuren, Laugen, organische Lösungsmittel oder andere Detergenzien. Die pH-Skala – ein Mass für den Säure-Base-Status – erstreckt sich von 1 bis 14. Je höher die Zahl, desto basischer ist eine Substanz. Der physiologische pH des Körpers liegt bei 7,4 – das bedeutet, dass alles über diesem Wert zu basisch und alles darunter zu sauer für das normale Körpergewebe (abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen) ist. Von einer Verätzung können ganz verschiedene Gewebe betroffen sein – zum Beispiel die Haut, Schleimhäute oder auch die Augen. Je nach Stärke der Substanz kann der Schaden ein unterschiedlich grosses Ausmass annehmen. Neben der Konzentration und Zusammensetzung der Substanz, ist auch deren Menge und die Länge der Kontaktzeit bei der Verletzung ausschlaggebend. Sollten Ihnen also eine Verätzung widerfahren, ist es äusserst wichtig dem behandelnden Arzt so genau wie möglich Auskunft über das Mittel, den Unfallhergang und die bereits angewandten Massnahmen zu geben – dadurch kann eine möglichst adäquate Soforttherapie gestartet werden.

Je nach Art der Substanz kommt es zu verschiedenartigen Verletzungen: Säuren führen in der Regel zu einer oberflächlichen Verklumpung von Zelleiweissen – die Säure kann dadurch anschliessend noch tiefer in das beschädigte Gewebe eindringen. Bei sehr starken Säuren spielt ausserdem der Temperatur-Faktor ebenfalls eine Rolle und kann zusätzliche, thermische Schäden verursachen. Laugen hingegen – welche per Definition auf der basischen Seite des Spektrums angesiedelt sind – führen zu einer Verflüssigung des Gewebes und vermögen dadurch sogar in noch tiefere Gewebeschichten als die Säuren vorzudringen. Die durch Laugen verursachten Verletzungen wirken auf den ersten Blick zwar oft harmloser, können aber schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Auswirkungen auf das Auge

Zu den Allgemeinsymptomen einer Verätzung zählen vor allem folgende:

  • Starke Schmerzen

  • Atemnot bei Verätzungen im Mund- und Rachenraum

  • Blutungen

  • Bei grossflächigen Verletzungen mit beträchtlichem Flüssigkeitsverlust gegebenenfalls ein hypovolämischer (zu wenig Blutvolumen im Kreislauf) Schock

Da Arbeiten, welche das Hantieren mit ätzenden Flüssigkeiten beinhalten, selten mit geschlossenen Augen durchgeführt werden, sind die Augen – wenn nicht ausreichend geschützt (zum Beispiel durch eine Schutzbrille) sehr exponiert und anfällig für Verätzungen. Das Ausmass kann dabei beträchtlich variieren und zu verschiedenen, zusätzlichen Symptomen führen:

  • Beeinträchtigung des Sehvermögens (oder gar kompletter Sehverlust)

  • Verstärkte Durchblutung der Bindehaut oder aber eine blasse, „blutleere“ Bindehaut bei Destruktion der Gefässe durch besonders starke Verätzungen

  • Ödeme der Augenlider und/oder der Bindehaut

  • Blepharospasmus (Lidkrampf)

  • Hornhauttrübungen (weisslich, „Fischauge“)

Behandlung

Gerade bei Verätzungen ist eine sofortige Behandlung essentiell. Das Auge sollte sofort sehr grosszügig ausgespült werden. Die Spülung sollte dabei ausreichend lange und gründlich erfolgen. Idealerweise handelt es sich bei der verwendeten Flüssigkeit um eine Kochsalz- oder Ringer-Lösung oder sauberes Leitungswasser – im Notfall tun es aber auch andere Getränke (jedoch kein hochprozentiger Alkohol). Ausserdem ist es wichtig den Kopf so zu drehen, sodass das betroffene Auge weiter unten zu liegen kommt als das Gesunde, weil die Substanz ansonsten auch noch in das nicht geschädigte Auge gelangen könnte.

Häufig reagiert das Auge auf Verätzungen mit einem Krampf der Augenlider (Blepharospasmus), was dazu führt, dass die Lidspalte gewaltsam geöffnet werden muss, um die Spülung durchzuführen. Erfolgt die Augenspülung beim Augenarzt oder auf dem Notfall, kann der Spüllösung ein Lokalanästhetikum zur Schmerzlinderung beigegeben werden.

Die einzige Ausnahme des Prinzips der sofortigen Ausspülung der Augen, stellt eine Verätzung mit Kalk (zum Beispiel Zement) dar: In einem solchen Fall sollte unter keinen Umständen Wasser in die Nähe des betroffenen Auges kommen, dafür aber notfallmässig ein Augenarzt aufgesucht werden. Der Kalk muss mechanisch entfernt werden. Die Behandlung mit Wasser würde zu weiteren Verätzungen führen, da der Kalk mit dem Wasser reagiert.

Neben der Entfernung der verursachen Substanz aus dem Auge sollte eine adäquate Wundversorgung stattfinden, um Komplikationen im Heilungsprozess entgegenzuwirken. Dazu gehören antibiotische Augentropfen (zur Verhinderung einer opportunistischen Infektion), Glucocorticoide (Hemmung der Entzündung) und bei sehr schweren Verletzungen unter Umständen kleinere chirurgische Eingriffe.

Bei einer Verätzung der Augen handelt es sich um einen augenärztlichen Notfall, welcher in aller Regel zuerst akut ausgespült und anschliessend sofort von einem Augenarzt behandelt werden sollte. Ungenügendes Spülen oder eine falsche oder nicht ausreichende Behandlung können zu Komplikationen oder gar bleibenden Schäden führen. Unser Team der Augenärzte Zentrum Aarau sind jederzeit für Sie da und helfen Ihnen in einer solchen Situation gerne weiter.